Volkswagen T7 Multivan mit 150-PS-TDI im Test: Lohnt der Diesel? (2024)

Was ist das?

Nicht alle Bus-Fans waren rundum zufrieden, als Volkswagen vor etwas mehr als zwei Jahren seinen neuesten Multivan auf die Menschheit losließ. MQB-Kindergarten-Plattform? Kein Diesel? Anhängelast wie ein Fahrrad? Was soll der Quatsch?

Nun, die Plattform zu ändern, das ist jetzt eher schwierig (und die Basis von Golf, Tiguan und Co. hat ja durchaus ihre Vorteile). Aber das mit dem Diesel, das konnte man lösen. Und das mit der Anhängelast damit auch. Ein bisschen zumindest.

Im Sommer 2022 erweiterte Volkswagen Nutzfahrzeuge die Motorenpalette endlich um den Zweiliter-TDI mit 150 PS und 360 Nm Drehmoment. Ist selbiger an Bord, dürfen immerhin zwei Tonnen an den Haken genommen werden. Das sind noch immer weniger als beim T6.1 (2,5 Tonnen), auf der anderen Seite aber auch 400 Kilo mehr als bei den beiden bisher erhältlichen T7-Benzinern und dem Plug-in-Hybrid.

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Die Frage ist jetzt: Rentiert sich der Selbstzünder überhaupt? Nicht jeder zieht mit seinem VW-Bus schließlich jeden Tag Wohnwagen oder große Nutztiere durch die Gegend. Damit wir das herausfinden können, hat uns VWN freundlicherweise einen T7 2.0 TDI Life L2 (mit langem hinteren Überhang) vor die Redaktion gestellt.

Wir haben es hier also mit einem Multivan in vollster Pracht zu tun. 5,17 Meter lang, gut 2.150 Kilo schwer und mit einem maximalen Kofferraumvolumen von 4.005 Liter gesegnet. Konkurrenz kommt in Form der frisch gelifteten Mercedes V-Klasse, des Sci-fi-mäßig gestylten Hyundai Staria und des brandneuen Ford Tourneo Custom.

Das Auto, das Sie auf den Bildern sehen hat einen Preis von 77.377 Euro, was die Lust auf so einen Bus durchaus beträchtlich schmälern kann. Ob sie im täglichen Gebrauch wieder zurück kommt? Finden wir es heraus!

Wie fährt er?

Nun, das ist ja selbst zwei Jahre nach Marktstart noch immer die große News beim T7. Hartgesottene Fans mögen ihn nicht besonders, weil er ihnen nicht genug lasteselt und zu viel personenkraftwagent, aber dank der neuen Mainstream-Auto-Plattform fährt er jetzt halt auch ungefähr 5x besser als vorher. Dass er acht Zentimeter niedriger ist als der T6.1, schadet natürlich ebenfalls nicht.

Wankbewegungen sind deutlich reduziert, der Multivan hat seine Karosseriebewegungen überraschend gut im Griff. Die Lenkung ist kein Ausbund an Sportlichkeit und hat um die Mittellage herum recht viel Spiel, aber das fällt nur auf, weil sich der Rest des Handlings so un-Bus-ig anfühlt. Man kann schon ganz gut Geschwindigkeit mitnehmen in die Kurve, ehe die 17-Zoll-Bridgestone Turanzas sanft das Wimmern anfangen. Da ist man dann aber noch weit weg von problematisch.

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Auch in puncto Komfort schlägt er sich beachtlich. Einflüsse in der Lenkung, fieses Gerattere, das sich bei schlechten Wegen wie ein Lauffeuer durch den ganzen Wagen zieht? Nein, nein. Gar nicht.

Das ist vom Fahrverhalten her schon eine ziemlich stolze Leistung und würde man nicht ständig auf die Stummel-Haube vor einem glotzen, man wähnte sich eher in einem Minivan. Wobei: In ein, zwei Punkten holt den T7 seine Gattung dann doch wieder ein:

Zum einen bebläst der Fahrtwind seinen schrankwandigen Leib so, dass dabei grundsätzlich recht viel an den Ohren der Insassen hängen bleibt und das auch schon bei 120, 130 km/h. Und zum anderen knackt's und klonkt's dann doch hin und wieder im ewig langen Gebälk (Radstand: 3,12 Meter), wenn es mal uneben wird oder ein Schlagloch die Kurve ziert. Aber man hört halt auch fast alles, weil man sonst nicht viel hört. Also gerade vom Motor, mein ich jetzt.

Ah, na endlich! Passt der TDI oder passt er nicht?

Na, er passt grundsätzlich ganz hervorragend. Wobei wir in einem früheren Test ja durchaus überrascht waren von den Fertigkeiten der Benziner und des Plug-in-Hybrids. Aber selbst, wenn man seit Jahren versucht, uns den Diesel madig zu machen, gehört es gerade hier ja irgendwie zum guten Ton, wenn es nagelt.

Wobei: So richtig viel nageln tut es eigentlich gar nicht. Sein Naturell verrät der Zwoliter-TDI eigentlich nur beim Start und beim schwungvollen Anfahren. Und selbst da recht moderat. Ist der Bus mal in Bewegung, ist heilige Ruhe im Karton. Auch bei Autobahntempo 140, 150, 160 - lässig-leises Dahingegleite. Deswegen vernimmt die Besatzung ja auch vermehrt den Wind - ich erwähnte es.

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Im Vortrieb zeigt sich der 150-PS-Motor solide. Nicht mehr und nicht weniger. Interessant: Wer die unbändige Power der 360 Nm beim Anfahren all zu nachdrücklich über die Vorderräder einprasseln lässt, erntet sogleich ein etwas unbeholfenes Durchdrehen selbiger.

Im weiteren Verlauf geht es weniger hektisch zu. Aber wem dieser Durchzug nicht genügt, der sitzt eh im falschen Gefährt. Der TDI-T7 schwimmt überall locker mit, setzt selbst bei 140 auf der Bahn noch souverän zu. Mehr braucht man wirklich nicht.

Was Sie allerdings deutlich mehr interessieren dürfte, ist das Konsumverhalten. Ja klar, darum geht's doch am Ende des Tages. Im Testmittel erzielten wir einen Verbrauch von 7,5 Liter. Bei einem 400 Kilometer-Autobahn-Stint, wo auch mal vermehrt 150, 160 Sachen auf dem Tacho standen, waren es etwas über 8. Alles andere als verkehrt für einen 2,1-Tonner.

Und was spricht der interne Vergleich? Nun, die Benziner und der PHEV brauchten in unserem Test überland auch nicht wirklich mehr. Aber sobald du mit ihnen auf die Autobahn gehst und nicht bei 110 das Gaspedal einklappst, wird es schnell auch mal zweistellig. Klarer Vorteil TDI. Vom Hängerbetrieb wohl ganz zu schweigen. Wobei wir das nicht ausprobiert haben.

Wie ist er innen?

Ich würde sagen, wir arbeiten uns von den schlechten zu den guten Nachrichten vor. Sie können Sich vermutlich schon denken, was jetzt kommt. Ja klar: Golf 8-Plattform bedeutet in diesem Fall zu allem Übel auch Golf 8-Infotainment. Wie man es auch dreht und wendet. Und auch wenn es inzwischen flüssig läuft und nicht mehr abstürzt. Es ist und bleibt ein Graus.

Schauen Sie: Mein Erstkontakt mit dem System war der Versuch einer Adresseingabe. Es ging um eine Münchener Straße 40 in einem leicht zu buchstabierenden Vorort von München. Wahrlich kein exotisches Reiseziel. Das System fand es nicht. Aber mit Fleiß. Drei händische Eingaben führten ins Nichts. Zwei Sprachbefehle dann in ein Kaff nahe Ulm, das phonetisch aber auch gar nichts mit meinem Ziel zu tun hatte. Ich war nüchtern und es steckte kein halber Whopper in meinem Mund. Deshalb konnte ich dann auch umgehend vor Wut ins Lenkrad beißen. Es ist wirklich eine ziemliche Katastrophe.

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Absurditäten wie die unbeleuchtete Temperaturverstellung erwähne ich ja schon gar nicht mehr. Immerhin verfügt der T7 über ein Lenkrad mit richtigen Tasten. Das ist ein großer Fortschritt gegenüber dem kapazitiven Touch-Kram im Golf (der ja mit dem baldigen Facelift endlich ein Ende findet).

Etwas nervig auch: Bei diesem 1,90 Meter hohen Bus öffnet die Hecklappe auf gute 1,75 Meter. Da haut sich der männliche Durchschnittsdeutsche aber sauber den Schädel an, wenn er nicht aufpasst. Also Vorsicht beim Beladen, kann wehtun.

Das dritte große Thema, das wir haben, sind die Stühle in Reihe zwei und drei. Es ist sehr löblich, dass man sie für einen einfachen Ein- und Ausbau so leicht wie möglich machen wollte und das ist auch hervorragend gelungen. Die Dinger wiegen keine 30 Kilo das Stück.

Der große Nachteil ist: Sie sind unglaublich klein und schmal. Alles, was ausladender ist als ein Siebt- oder Achtklässler, sitzt wie der vielzitierte Affe auf dem Schleifstein. Das ist im Prinzip absoluter Wahnsinn. Vor allem wenn man sich im Vergleich mal das Mobiliar in einem T6.1 ansieht. Oder noch besser: Die Business-Class-Captain-Chairs inklusive ausfahrbarer Beinstütze im Hyundai Staria.

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Das sind Ärgernisse, die man eigentlich erkennen kann. Aber bevor die VWN-Presseabteilung jetzt mit Fackeln und Mistgabeln vor unserer Redaktion aufmarschiert, sei gesagt: Es gibt auch sehr viel, was man am Wohnzimmer des T7 lieben kann.

Bis auf das Infotainment ist die Kommandozentrale des Multivan nämlich ein sehr angenehmer Ort. Man sitzt vortrefflich in der ersten Reihe. Das irrsinnig große Panoramadach ist eine helle (im wahrsten Sinne) Freude. Das digitale Instrumentendisplay ist gut konfigurierbar und übersichtlich. Handyablage und Cupholder sind sinnvoll platziert und die Türinnenseiten sind grandios organisiert – mit reichlich Platz für Flaschen, Brillen und weiteren Krimskrams. Außerdem klasse: Jeweils ein Micro-Mülleimer mit Mini-Mülltüte zum herausnehmen. Herzallerliebst.

Und dann wäre da halt noch das Schienensystem im Fahrzeugboden, das an Genialität kaum zu übertreffen ist. Noch nie konnte ein Stuhl leichter ein- und ausgebaut werden als hier. Vor allem eingebaut. Sie bewerfen die Schiene eigentlich nur mit dem Sitz und schon klackt das Teil ein. Großartig. Außerdem lässt sich jeder der fünf Stühle nach Belieben vor und zurückschieben.

Gleiches gilt für den extrem praktischen Multifunktions-Tresen in der Mitte. Er dient als Doppeltisch, Armlehne, 1,5-Liter-Flaschen-Halter (2 Stück) und Ablage für Kleinkram. Höhenverstellbar ist er auch. Besser geht nicht. Insgesamt 4 USB-C-Anschlüsse und ein 12-Volt-Stecker schaden natürlich auch nicht. Dass die Materialien im Interieur allenfalls guter Durschnitt sind, ist da fast schon geschenkt.

Fazit: 7/10

Dieser Bulli erhitzt die Gemüter und ich verstehe nach zwei Wochen Alltagstest auch ganz gut, warum das so ist. Fahrverhalten, der Diesel und die genial einfache Flexibilität im Innenraum sind Benchmark. Demgegenüber stehen unverständliche Schwächen wie das langstreckenuntaugliche Gestühl im Fond und das schwache Infotainment. Ebenso eine sehr selbstbewusste Preisgestaltung und Aufpreispolitik.

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Am Ende überwiegt das Positive, weil der Alltag mit einem Bus sich nicht mehr anfühlt wie der Alltag mit einem Bus. Der Diesel lohnt sich, wenn Sie viel Autobahn fahren und/oder häufig mit dem Hänger unterwegs sind.

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